Afrikawissen. Diskurse und Praktiken der Schulbuchentwicklung in Deutschland und England 1945–1995

Das erfolgreich abgeschlossene Promotionsprojekt untersuchte Konstanz und Wandel von afrikabezogenem Wissen sowie darauf bezogene politische und gesellschaftliche Aushandlungsprozesse zwischen 1945 und 1995 in der Bundesrepublik, der DDR und England. Durch Prozesse der Dekolonisierung und im Angesicht des Kalten Krieges wurden in allen drei Ländern bestehende Ordnungen des Wissens in Frage gestellt und neue Wissensordnungen in Bezug zu Afrika verhandelt.

  • Vorgehensweise

    Die Analyse umfasste drei Ebenen:

    1. Das sogenannte „offizielle Wissen“, wie es sich in Schulbüchern spiegelt. Ihnen wird eine besondere Objektivität, Wirkmächtigkeit und politische Relevanz zugesprochen, weshalb sie immer wieder gesellschaftliche Debatten anregen. Insbesondere Schulbücher für die Fächer Geschichte und Geografie, die in diesem Projekt untersucht wurden, bilden einen aufschlussreichen Zugang zu Deutungsmustern und Ordnungen des Wissens einer Gesellschaft.
       
    2. Praktiken der Schulbuchproduktion wurden vor allem über archivalische Quellen aus den Beständen namhafter Schulbuchverlage erschlossen. Die überlieferte Korrespondenz zwischen Autoren und Verlagen, Schulbuchkonzepten, Schulbuchmanuskripten und -gutachten etc. erlaubt wichtige Rückschlüssen auf Bedingungen der Produktion von schulisch vermitteltem Wissen.
       
    3. Gesellschaftlichen Debatten über (afrikabezogenes) Schulbuchwissen. In allen drei Ländern gab es durchgängig Diskussionen über relevantes Afrikawissen und die „richtige“ Darstellung im Schulbuch, die sich in Schulbuchempfehlungen, Petitionen oder Erlassen von Institutionen wie der KMK oder auch der UNESCO spiegeln.

    Das Projekt hat die Verknüpfungen und wechselseitigen Einflüsse zwischen diesen drei Ebenen aufgezeigt und so die Herstellung, Zirkulation und Transformation von afrikabezogenen Wissensordnungen nachgezeichnet. Es hat am konkreten Beispiel herausgearbeitet, von welchen Akteuren, Ereignissen und Prozessen Impulse für markante Neucodierungen, Überschreibungen bzw. Neuordnungen von Schulbuchwissen ausging und wie Afrikawissen nach 1945 verhandelt wurde.


  • Ergebnisse

    Das Projekt wurde 2019 erfolgreich mit einer Dissertation abgeschlossen.

    Im Rahmen des Projektes wurde der Workshop "Akteure in der Wissensgeschichte. Produktion, Zirkulation und Transformaton von Afrikawissen nach 1945" vom 18.–19. Juni 2015 durchgeführt. Das Tagungsprogramm finden Sie unter folgendem Link.

    Tagungsbericht: Link

    Außerdem wurde die Konferenz „Knowledge Production in a Hybridge Age. Contemporary and Historical Perspectives on Producing Textbooks and Digital Educational Media“, 3.-4. Dezember 2015 in Braunschweig, mit organisiert. Weitere Informationen finden sich hier:

    Konferenzbeschreibung: Link

    Tagungsprogramm: Link

    Im Rahmen des Projektes wurde außerdem ein Archiv-Guide erstellt, der Archivbestände von Schulbuchverlagen in Deutschland und Großbritannien systematisch erfasst. Der Guide ist als Eckert.Dossier erschienen. Weitere Informationen zu dem Archivguide finden sie unter folgendem Link: Archivguide. Der Guide lässt sich unter folgendem Link herunterladen: Link.

    PUBLIKATIONEN

    Lars Müller:

    • Diskurse und Praktiken der Schulbuchproduktion in der Bundesrepublik Deutschland und England am Beispiel von Afrikawissen. Göttingen, 2021: V&R unipress.
    • Starving Hereros. Zur Geschichte einer Ikone der Vernichtung, in: Visual History. Online-Nachschlagewerk für die historische Bildungsmedienforschung, November 2018, auf: https://www.visual-history.de/2018/11/19/starving-hereros/.
    • (Hrsg.) Wissen in Bewegung. Migration und globale Verflechtungen seit 1945. Berlin 2018 (gemeinsam mit Stephanie Zloch, Simone Lässig).
    • Wissen in Bewegung. Migration und globale Verflechtung seit 1945. Einleitung, in: S. Zloch, L. Müller, S. Lässig (Hrsg.): Wissen in Bewegung. Migration und globale Verflechtungen seit 1945, Berlin 2018, 1–34 (gemeinsam mit Stephanie Zloch, Simone Lässig).
    • Entwicklungspolitik als Bildungsinhalt. Schule und die Produktion von Wissen über globale Ungleichheit, in: S. Zloch, L. Müller, S. Lässig (Hrsg.): Wissen in Bewegung. Migration und globale Verflechtungen seit 1945, Berlin 2018, 247–281.
    • Concepts of the Past: Colonialism, in: E. Fuchs, A. Bock (Hrsg.): Palgrave Handbook of Textbook Studies, London 2018, 281–292.
    • British and German Textbook Publishers. Guide to Archival Collections, in: Eckert.Dossiers 12 (2017), 127 pages.
    • Working Paper: Textbook Production in a Hybrid Age: Contemporary and Historical Perspectives on Producing Textbooks and Digital Educational Media, in: Eckert.Dossiers 6 (2016), 31 pages (gemeinsam mit Felicitas Macgilchrist, Marcus Otto und Steffen Sammler).
    • Schulbücher zwischen Verlagsarchiv und Erinnerungsort. Potentiale der Archivarbeit für die Schulbuchforschung, in: S. Trültzsch-Wijnen; A. Barberi; T. Ballhausen (Hrsg.): Geschichte(n), Repräsentationen, Fiktionen. Medienarchive als Gedächtnis- und Erinnerungsort. Jahrbuch Medien und Geschichte 2016, Köln 2016, 176–188.
    • Die Geschichte sichtbar machen. Kontrastive Schulbuchanalyse und die Grenzen von Narration, in: K. Berner, F. Faß (Hrsg.): Sichtbares und Unsichtbares, Frankfurt am Main 2014, 135–156 (gemeinsam mit Lucas F. Garske).
    • Schule und Empire. Das neue englische Geschichtscurriculum, in: Eckert. Das Bulletin 13(2013), 26–29. (gemeinsam mit Susanne Grindel).
    • „We Need to Get away from a Culture of Denial”? The German-Herero War in Politics and Textbooks, in: Journal of Educational Media, Memory, and Society (JEMMS), 5(2013)1, 50–71.
    • Kolonialismus und Modernisierung. Das diskursive Ringen um Afrika bei der Schulbuchentwicklung, in: M. Aßner, J. Breidbach, A. A. Mohammed, D. Schommer und K. Voss (Hrsg.), AfrikaBilder im Wandel?, Frankfurt am Main 2012, 195–208 (gemeinsam mit Felicitas Macgilchrist).

Projektteam

  • Lars Müller | Projektleitung
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