Die lange Dauer (longue durée) der Islam- Narrative in europäischen Schulbüchern

In dieser Forschung wurden Erzählungen über Muslime und den Islam in historischen Schulbüchern mit Darstellungen des Eigenen verglichen und die Werdungsprozesse der christlich-europäischen Selbstbeschreibung rekonstruiert. Obwohl sich im „konfessionellen Zeitalter“ Katholiken von Protestanten, Lutheraner von Reformierten, und diese beiden wiederum von den Wiedertäufern und anderen radikalen Gemeinden abgrenzten, bildete die Erzählung von der bedrohlichen Andersartigkeit der Muslime für alle Westeuropäer die sie vereinende Außengrenze. Quer durch (West-) Europa trug dieses Narrativ somit zur Erzählgestalt eines christlichen Kontinents bei. Als sich im Laufe des 18. Jh. im Binnenverhältnis die Grenzen zwischen den christlichen Konfessionen allmählich lockerten, wurde die gemeinsame Grenze im Außenverhältnis zu den Muslimen fortgeschrieben.

  • Ziele

    Die Longue Durée fragte danach, wie Muslime zu Anderen gemacht wurden und welche Grenzziehung dabei erfolgte, inwiefern die Islam-Erzählungen zur Stabilisierung des Eigenen beitrugen und welchen Wandel sie in der Zeit erfahren haben. Am Beispiel von deutschen, österreichischen und niederländischen Schulgeschichtsbüchern wurden die Fragen in einem Zeitraum von ca. 300 Jahre untersucht. Die Länderauswahl erlaubte es, die Erzählproduktionen der drei wichtigsten christlichen Konfessionen der Frühen Neuzeit, nämlich die lutherische, die katholische und die reformatorische, an die Oberfläche zu heben.


  • Vorgehensweise

    Die Forschung adressierte somit die Produktion von Bildern und die Dynamik, die entsteht, wenn mit Bildern Grenzen errichtet werden. Als Analyserahmen wurde ein historischer Zugang gewählt, der die Beobachtung der langen Dauer mit einem historisch-institutionalistischen Zugriff verbindet. Die Genese der Erzählungen in der Reformation, ihre katholischen, lutherischen bzw. reformatorischen Dimensionen sowie ihre Pfade durch das Dickicht des säkularen, nationalen und das globalen Zeitalters wurden vergleichend untersucht.


  • Ergebnisse

    • Gerdien Jonker (2013), Im Spiegelkabinett. Europäische Wahrnehmungen von Muslimen, Heiden und Juden (1700-2010). Würzburg: Ergon
    • Gerdien Jonker und Shiraz Thobani (Hg.) (2009), Narrating Islam. Interpretations of the Muslim World in European Texts. London: IB Tauris. 

Projektteam

  • Gerdien Jonker | Projektbearbeitung
  • Weitere Projektinformationen

    Projektlaufzeit

    • 2010-2011

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