Ethnische Vielfalt und Nationsbildung in Eritrea. Die Bedeutung von Bildung und Bildungsmedien im nationalen Integrationsprozess

Das Projekt analysierte den politischen und institutionellen Kontext, in dem Aushandlungsprozesse über die Definition von Deutungsmustern und Erinnerungsnarrativen in eritreischen Bildungsmedien stattfinden.

Die Entscheidung, sich auf Eritrea zu konzentrieren, folgte zwei systematischen Überlegungen:

  1. Erstens wurde davon ausgegangen, dass die Analyse des Zusammenwirkens von globalen, nationalen und lokalen Einflüssen in einem afrikanischen Land zu wichtigen Einsichten in die Folgen der Globalisierung an der Peripherie der Weltgesellschaft führen.
     
  2. Zweitens wurde Eritrea im afrikanischen Kontext v.a. deshalb als interessantes Fallbeispiel eingeschätzt, weil wir es hier mit einem der wenigen erfolgreichen Beispiele nachholender afrikanischer Nationalstaatsbildung zu tun haben.  Zudem schien  die Herstellung gesellschaftlicher Kohärenz unter den Bedingungen von ethnischer, religiöser und sprachlicher Fragmentierung hier auch ein Ergebnis effektiver Bildungspolitik zu sein.
  • Ziele

    Im wissenschaftlichen Diskurs über die Ursachen von Staatszerfall in Afrika wird bislang einseitig auf ethnische Fragmentierung rekurriert. Das Projekt beabsichtigte diese Perspektive zu relativieren. Die Entscheidung, den Fokus auf Eritrea zu legen, folgte dabei einer systematischen Überlegung. Eritrea stellt einen der wenigen Fälle erfolgreicher afrikanischer Nationalstaatsbildung dar, in der die Herstellung gesellschaftlicher Kohärenz unter den Bedingungen von ethnischer Fragmentierung offenbar auch ein Ergebnis effektiver Bildungspolitik ist. Die konkreten Zielsetzungen des Projektes waren auf drei Ebenen angesiedelt: Erstens sollte geklärt werden, ob die Konstruktion der multiethnischen eritreischen Gesellschaft in und für Bildungsmedien einen wirksamen Beitrag zur Herstellung von Kohärenz im noch jungen Nationalstaat Eritrea  leistet. Zweitens galt es herauszufinden, ob die in globalen Diskursen verhandelten Ideen und Konzepte zum Umgang mit Multiethnizität und Erinnerung Spuren in eritreischen Bildungsmedien hinterlassen haben. Drittens wollte es umgekehrt in normativer Absicht fragen, ob eritreische Rezepte und Lösungsstrategien in den globalen Diskurs eingespeist werden können.


  • Vorgehensweise

    Es wurden die politischen und institutionellen Kontext, in dem Aushandlungsprozesse über die Definition von Deutungsmustern und Erinnerungsnarrativen in eritreischen Bildungsmedien stattfinden, untersucht. Methodisch wurde dies durch die Analyse von zentralen Dokumenten, Curricula und die Erhebung qualitativer Interviews mit bildungspolitisch relevanten Akteuren eingelöst.

    Das Projekt analysierte am Fallbeispiel Eritrea, ob und wie Schulbücher und andere Bildungsmedien in nationalen Integrationsprozessen multiethnischer Gesellschaften als Katalysator der Integration wirken.

    Fragestellungen

    • Erstens analysierte das Projekt die Darstellung der multiethnischen eritreischen Gesellschaft in verschiedenen Bildungsmedien. Dabei konzentrierte es sich auf die Repräsentation von sensiblen Ereignissen und Perioden in der eritreischen Geschichte, die von Angehörigen unterschiedlicher Ethnien potentiell kontrovers erinnert werden. Das bezieht sich in erster Linie auf die Frage, wie die Erfahrung der äthiopischen Fremdherrschaft kodiert wird. Vorstellbar ist eine religiöse, ethnische, soziale oder politische Interpretation der Unterdrückungserfahrung.
       
    • Zweitens untersuchte das Projekt den institutionellen und politischen Kontext, in dem bildungsrelevante Konzepte multiethnischen Zusammenlebens und Deutungsmuster der eigenen Geschichte und Gegenwart als multiethnischer Gesellschaft verhandelt, produziert, rezipiert und wirksam werden.

    Einordnung in den Forschungsstand

    Die Rolle der Bildung im Nationenbil­dungs­prozess Eritreas ist noch kaum wissenschaftlich erforscht worden.

    Methodik

    • Auswertung von politischen Dokumenten, Schulbüchern und anderen Bildungsmedien; teilnehmende Beobachtung; qualitative Interviews

  • Ergebnisse

    Veröffentlichung

    • Habte, Mussie: Nationenbildung in einem multiethnischen Staat: Beitrag von Bildung und Schulbücher im nationalen Integrationsprozess Eritreas. Lit Verlag  2012

Projektteam

  • Mussie Habte | Projektbearbeitung
  • Weitere Projektinformationen

    Projektlaufzeit

    • 2007–2009

    Projektförderung/Koorperation

    • Politikwissenschaft, Bundeswehruniversität Hamburg (V. Matthies)

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