Gespielte Probleme - ›Entscheidung‹ als Wissenskategorie in postdigitalen Milieus und serious games
Entscheiden ist eine Handlung, die häufig mithilfe medialer Verfahren vorbereitet, unterstützt oder sogar originär hervorgebracht wird. Besonders auch für Bildungsinhalte mit gesellschaftspolitischer Bedeutung spielt das Entscheiden eine wichtige Rolle. Zum Beispiel hinsichtlich Fragen der (Des-)Information: Welchen Quellen können Nutzer*innen vertrauen? Woran erkennt man Fakt und Fake? Wie werden Nutzer*innen zu Mausklicks verleitet? Ein anderes Beispiel betrifft das Bewusstsein für Umwelt und Nachhaltigkeit: Wo verläuft die Grenze zwischen kurzfristigen Wirkungen und nachhaltigem Handeln? Welchen Einfluss haben individuelle Konsumentscheidungen auf globale Verflechtungen?
Immer häufiger werden zudem Entscheidungskompetenzen an nicht-menschliche Akteure abgegeben. Damit wird zugleich die Definition von Problemlagen, die am Ausgangspunkt der Entscheidungen liegen, immer wichtiger: Wer definiert das Problem und bahnt dadurch möglichen Lösungen ihren Weg? Welche Kulturtechniken werden zur Bearbeitung eines Problems erfragt? Welche Kompetenzen werden an programmierte Instanzen delegiert und welche Kompetenzen werden zur Involvierung dieser Instanzen benötigt?
Diesen Fragen gehe ich in meinem Projekt aus einer kulturtheoretischen und diskursanalytischen Perspektive nach. Einen Schwerpunkt lege ich dabei auf Repräsentationen des Entscheidens und ihr Potential für Bildungsmedien insbesondere am Beispiel von serious games. Ein zweiter Schwerpunkt fokussiert Medien der Entscheidung und die Beteiligung von medialen Formationen an der Definition und Prozessierung von Entscheidungssituationen.
Vorgehensweise
Im ersten Schwerpunkt steht die Analyse im Vordergrund, auf welche Weise gesellschaftliche Konfliktsituationen dargestellt und allererst als – durch eine Entscheidung zu lösendes – Problem geformt werden. Hierzu werden serious games und Webdokumentationen zu aktuell drängenden Themen wie Desinformation oder Klima/Umweltbewusstsein analysiert, um das Potential dieser medialen Formationen für gesellschaftliche Bildung zu untersuchen. Wie gehen diese Narrative mit affektiv besetzten politischen Themen um? Von welcher diskursiven Position und welchem politischen Standpunkt aus erheben sie den Anspruch, ihre Spieler*innen über Fragen der Objektivität zu unterrichten? Welche eigenen Blickwinkel auf Faktenwissen und Objektivität produzieren sie? In Game Labs mit anschließenden Reflexionsgesprächen soll untersucht werden, welche Erfahrungen Nutzer*innen dieser Medien machen und wie sich diese zu den Ansprüchen der Produzent*innen verhalten.
Innerhalb des zweiten Schwerpunkts, Medien der Entscheidung, untersuche ich mediale Formationen, die konkret an der Hervorbringung von Entscheidungssituationen beteiligt sind und die in das Fällen von Entscheidungen involviert werden. Zentral ist hier der Blick auf das Management von Optionen über die Analyse digitaler Interfaces sowie Fragen nach Rechenschaft und Verantwortung. Wie lassen sich die Aufgaben, Funktionen und Funktionsweisen ›smarter‹, digitaler Geräte innerhalb postdigitaler Milieus im Bewusstsein der Benutzer*innen, und damit verständlich und nachvollziehbar, halten? Wie lässt sich so auch für zukünftige Generationen die Basis für einen verantwortungsvollen Gebrauch und die Fähigkeit zur Kritik bewahren?
Ergebnisse
Vorträge
“Reflexivity and Involvement in Environmental Serious Games and Interactive Documentaries”, Vortrag im Panel “Interactive Documentary at Play”, Area: Games Studies, Culture, Play, and Practice auf der Jahrestagung der Southwest Popular and American Culture Association (SW PACA), Albuquerque, New Mexico, 21.-24.02.2024