"Raum" und "Zeit" als Dimensionen der Geschichtsvermittlung
Zu diesem Thema spricht Prof. Dr. Karl Schlögel am Mittwoch, den 5. November, von 18:30 – 20:00 Uhr, im Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, Celler Str. 3, 38114 Braunschweig
Der Osteuropahistoriker an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder) ist ein gefragter Gesprächspartner für die Medien. Das überrascht nicht bei jemandem, der fordert „Europa als Ganzes [zu] denken“ und der die Zeit als reif für einen spatial turn erachtet, angesichts der „Wucht des Globalisierungsprozesses“ und der rasanten Entwicklung neuer Technologien. Karl Schlögel schreibt den beiden „Raumrevolutionen“ von 1989 und dem 11. September 2001 katalytische Wirkung zu. Aus seiner Sicht kann der national verengte Blick auf das Zeitgeschehen dieses nicht angemessen erfassen, entgeht ihm doch die Tatsache, dass schon die Grenzen nationaler Territorien willkürlich festgelegt sind und kaum Gegenstand einer langfristigen Analyse sein können. Die europäische Entwicklung in den letzten fünfzehn Jahren macht dies überdeutlich. In seinen Arbeiten versucht der Historiker zu zeigen, dass Geschichte sich immer in einem spezifischen Raum abspielt. Dem Gerede vom „Ende der Geschichte“ und vom „Verschwinden des Raums“ hält Schlögel eine „raumbewusste Historiografie“ entgegen, die im Nacheinander historischer Abläufe wie im Nebeneinander ihrer Schauplätze gleichermaßen zu Hause ist. Und er nennt Beispiele, wie dies in der Geschichtsschreibung aussehen kann; z.B. in seiner 2003 erschienenen Essay-Sammlung „Im Raume lesen wir die Zeit“ - der Titel ist ein Zitat des Zoologen und Geographen Friedrich Ratzel (1844-1904) -, die die Rezensenten begeistert hat.
Der Vortrag von Prof. Schlögel ist der Auftakt des gemeinsamen Kolloquiums des Historischen Seminars der TU Braunschweig und des Georg-Eckert-Instituts im Wintersemester 2008/2009. Der Titel der Veranstaltungsreihe ist programmatisch: „Raum“ und „Zeit“ als Dimensionen der Geschichtsvermittlung. In diesem Rahmen denken vier Historiker und drei Geographen über die Dimensionen Zeit und Raum nach und überschreiten dabei disziplinäre Grenzen:
- Was bedeutet Zeit heute für uns? Was für die Menschen vergangener Epochen?
- Wie begreifen wir Raum und was hat sich im Vergleich zu früher daran verändert?
- Verschwinden mit der Globalisierung Räume oder kommen sie gar zurück und wenn ja, in welcher Form?
- Welchen Einfluss hat die Beschleunigung/Technisierung auf unser Zeit- und Raumempfinden?
Diesen und ähnlichen Fragen geht das Kolloquium nach. Die Vorträge sind öffentlich. Besucher sind willkommen.
Kontakt: Heike Mätzing h.maetzing(at)tu-bs.de; Verena Radkau radkau(at)gei.de
3. November 2008