Bildungsmedien: Produktion, Praxis, Politik

Dieses Projekt ging der Frage nach, wie Schulbücher und weitere schulische Bildungsmedien im Zeichen von Globalisierung produziert werden. Die beschreibende Frage lautete: Wie wird im Produktionsprozess entschieden, was als wissen- bzw. erinnernswert zählt? Die analytische Frage lautete: Was sagen diese Produktionspraktiken aus, über die Stabilisierung und Destabilisierung von hegemonialen Formationen?

Theoretisch knüpft das Projekt an der Diskursforschung und neuen Debatten zur Erinnerungskulturen an. Um die Dynamik von Diskurs und Erinnerung fassen zu können, ging die Studie ethnographisch vor. Von 2009 bis 2011 wurde den Entwicklungsprozess von mehreren „Bildungsmedienprodukten“ im Fach Geschichte und Wirtschaft/Politik begleitet.

Wo bisher das Interesse der Diskursforschung und der memory studies vor allem auf die Stabilisierung von hegemonialen Formationen (wie z.B. nationale Identitätsnarrative, Neoliberalismus, Fremd- und Feindbilder) gelegen hat, erlaubt es die ethnographische Diskursanalyse Momente der Destabilisierung, Irritationen und Risse in diesen Formationen zu beobachten und in den Vordergrund zu bringen. Im Projekt wurden z.B. Konflikte über die Darstellungen von der postkolonialen Weltgeschichte, Polen im heutigen Europa, den Wurzeln der Demokratie, Sozialismus in der Revolution 1918/19, und vorkolonialen Afrika beobachtet. 

Im diesen Momenten der Destabilisierung und Irritation werden Möglichkeiten für politische Veränderungen sichtbar. Somit funktionieren schulische Bildungsmedien nicht nur als Indikator für soziokulturelles „Konsenswissen“, sondern auch für widersprüchliche Wissensformen, die (derzeit) um Hegemonie ringen.

Das Projekt wurde 2012 abgeschlossen. Von 2013 bis 2016 läuft das Nachfolgeprojekt zur Aneignung von diesen Materialien im Unterricht: Memory Practices: Enacting and Contesting the Curriculum in Contemporary Classrooms. 2016 wurde Felicitas Macgilchrist an der Technischen Universität Braunschweig habilitiert mit einer Schrift zum Thema „Textbook Production: The entangled practices of developing curricular materials for schools“.

  • Veröffentlichungen

    • Macgilchrist, F. (2009). Lebensansichten eines Schulbuches. Eckert: Das Bulletin, 5, 38-39.
    • Macgilchrist, F. (2009). Postkolonialismus und Schulbuchentwicklung: Ein Blick aus der Schulbuchpraxis. Eckert: Das Bulletin, 6, 9-11.
    • Macgilchrist, F. (2011). Globalisierung und Holocausterziehung. Eckert: Das Bulletin, 9, 37-38.
    • Macgilchrist, F. (2011). Schulbücher und Postkolonialismus: Die Praxis der Schulbuchentwicklung. In K. W. Hoffmann & P. Kersting (Eds.), AfrikaSpiegelBilder: Reflexionen europäischer Afrikabilder in Wissenschaft, Schule und Alltag (Vol. 12, pp. 29-35). Mainz: Mainzer Kontaktstudium Geographie.
    • Macgilchrist, F. (2011). Schulbuchverlage als Organisationen der Diskursproduktion: Eine ethnographische Perspektive [Educational publishers as organisations of discourse production: An ethnographic perspective]. Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 31(3), 248-263.
    • Macgilchrist, F. (2012). E-Schulbücher, iPads und Interpassivität: Refexionen über neue schulische Bildungsmedien und deren Subjektivationspotential. bildungsforschung, 9(1), 180-204. Retrieved from bildungsforschung.org/index.php/bildungsforschung/article/view/151
    • Macgilchrist, F. (2012). Global subjects: Exploring subjectivation through ethnography of media production. Pragmatics, 22(3), 417-445.
    • Macgilchrist, F. (2014). Media discourse and de/coloniality: A post-foundational approach. In C. Hart & P. Cap (Eds.), Contemporary Studies in Critical Discourse Analysis (pp. 387-407). London: Bloomsbury.
    • Macgilchrist, F. (2015). Bildungsmedienverlage: Zur Ökonomisierung in der Schulbuchproduktion. Die Deutsche Schule, 2015(1), 49-61.
    • Macgilchrist, F. (2015). Geschichte und Dissens: Diskursives Ringen um Demokratie in der Schulbuchproduktion. In S. Fegter, F. Kessl, A. Langer, M. Ott, D. Rothe, & D. Wrana (Eds.), Erziehungswissenschaftliche Diskursforschung: Empirische Analysen zu Bildungs- und Erziehungsverhältnissen (pp. 193-209). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
    • Macgilchrist, F., & Christophe, B. (2011). Shaping the global: Theory and methods for exploring the production of globalization with educational media. In S. Knudsen, J. Rodriguez, & M. Horsley (Eds.), Local, National, and Transnational Identities in Textbooks and Educational Media (pp. 101-111). Santiago de Compostela: IARTEM.
    • Macgilchrist, F., & Christophe, B. (2011). Translating globalization theories into educational research: Thoughts on recent shifts in Holocaust education. Discourse: Studies in the Cultural Politics of Education, 32(1), 145-158.
    • Macgilchrist, F., & Müller, L. (2012). Kolonialismus und Modernisierung: Das diskursive Ringen um Afrika bei der Schulbuchentwicklung. In M. Aßner, J. Breidbach, A.-A. Mohammed, D. Schommer, & K. Voss (Eds.), AfrikaBilder im Wandel? (pp. 195-208). Frankfurt a.M.: Peter Lang.
    • Macgilchrist, F., & Van Praet, E. (2013). Writing the history of the victors? Discourse, social change and (radical) democracy. Journal of Language and Politics, 12(4), 626-651.

Projektteam

  • Felicitas Macgilchrist | Projektleitung
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