Nachruf auf Alain Choppin
Zum Tod von Alain Choppin (1948-2009)
Alain Choppin ist gestorben. Er war erst 61 Jahre alt, in einem Alter also, in dem die Synthese des eigenen Lebenswerks noch bevorsteht. In Frankreich war er einer der Großen in der Geschichte der Bildung. Die Datenbank „Emmanuelle“ (seit 1982), in der französische Schulbücher laufend katalogisiert, besprochen und als historische Quellen zur Verfügung gestellt werden, geht auf seine Initiative zurück. Sein Lebenswerk war „Die französischen Schulbücher seit 1798 bis in unsere Tage“ ("Les manuels scolaires en France de 1789 à nos jours"). Zwischen 1982 und 1999 erschienen davon fünfzehn Bände, in denen die Geschichte und Gegenwart der französischen Schulbücher, ihre Produktion, ihre Verbreitung und ihre Rezeption kenntnisreich untersucht werden.
Er war, mit anderen Worten, ein großer Sammler vor dem Herrn, wie es für die Forschung nun mal unerlässlich ist. Für das Georg-Eckert-Institut war seine Arbeit jedenfalls unentbehrlich und sie ist bis heute eine Inspiration für die Nachwuchswissenschaftler geblieben. Die deutsch-französischen Projekte profitieren davon, während ein vergleichbares Pendant auf deutscher Seite erst noch geschaffen werden muss.
Alain Choppin war ebenfalls vergleichend tätig. Gründungsmitglied von IARTEM, der internationalen Vereinigung für die Erforschung von Schulbüchern und Bildungsmedien, und aktiv in der UNESCO sowie im Europarat, war er die treibende Kraft hinter französisch-nordafrikanischen Initiativen, die koloniale Vergangenheit gemeinsam zu untersuchen.
Das letzte Mal sah ich ihn in Marseille im November vergangenen Jahres. Damals war er schon sehr krank und noch zurückhaltender als sonst. Es ging um die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die im Rahmen der französischen Ratspräsidentschaft und der Union Méditerranée ein Lehrerhandbuch für das Mittelmeer erarbeiten sollte. Das Unternehmen wurde politisch sehr hoch aufgehängt: Siebzehn Länder sollten daran beteiligt werden! Choppin ließ sich kein bisschen beeindrucken und rückte die Analyse des Möglichen wieder in den Vordergrund. Mit seiner ruhigen und beharrlichen Art schaffte er es, das Projekt zurück auf den Boden der Realität zu stellen. Nun ist er nicht mehr und andere müssen seine Arbeit übernehmen. Wir werden ihn alle vermissen.
Braunschweig, im Mai 2009
Gerdien Jonker im Namen der Kolleginnen und Kollegen des Georg-Eckert-Instituts