Promotion abgeschlossen: Dissertation zu schulischer Bildung in Südafrika von Dr. des. Henning Hues
Unter dem Titel „Kluft am Kap. Südafrikanischer Geschichtsunterricht zwischen curricularem Anspruch und schulischer Praxis“ hat Henning Hues seine Dissertation vorgelegt und am Montag, den 28. Mai erfolgreich verteidigt.Von 2009 bis 2012 erforschte Henning Hues in seinem Dissertationsprojekt den schulischen Umgang mit der wichtigsten jüngeren Epoche Südafrikas, der „Apartheid“. Ziel war es, die Diskrepanz zu beschreiben zwischen den amibitionierten Lehrplänen und der schulischen Praxis im südafrikanischen Geschichtsunterricht. Die Unterschiede könnten größer nicht sein.
Im Zuge der südafrikanischen Lehrplanreform in den 1990er Jahren waren hohe Ziele formuliert worden. Die Ungerechtigkeiten der Apartheid sollten ausgeglichen und einer möglichst breiten Bevölkerungsschicht der Zugang zu Bildung ermöglicht werden. Allerdings: Die verschiedenen Lehrplanversionen erschienen mit ihren Ansprüchen an Versöhnung und Neuanfang optimistisch bis utopisch vor dem Hintergrund einer Gesellschaft, deren Bildungssystem immer noch stark segregiert ist. Entsprechend stellte sich die Frage, wo die Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit in der schulischen Praxis gelungen ist und wo es Nachholbedarf gibt.
Die Erhebung fand über vier Monate im Jahr 2010 statt. Mit einem ethnographischen Zugang untersuchte Hues, wie die Apartheid kommuniziert und unterrichtet wurde. Unterrichtsabläufe an sechs unterschiedlichen Schulen konnten detailliert dokumentiert werden. Hinzu kamen Interviews mit Schülern, Lehrern, Bildungsplanern und akademischen Beobachtern. Dies war nicht immer leicht: die wenigsten Lehrer wollten sich in den „metaphorischen Unterrichtstopf“ gucken lassen – zudem sind viele Geschichtslehrer durch eine Vielzahl von Reformen stark verunsichert. Die Ausbildung vieler Lehrer scheint vor den genannten hohen Zielen des Lehrplanes außerdem nicht adäquat, viele sind mit der Umsetzung der Reformen schlichtweg überfordert.
Die Ergebnisse der Forschung weisen auf vielschichtige Probleme in Südafrikas Lehrplanwesen hin: Die formulierten Ziele von ethnisch-sozial integrierten Schulen, Toleranz und gegenseitiger Wertschätzung finden im Schulalltag kaum Entsprechung. Im Gegenteil: in Interviews offenbaren Schüler – von den Eltern übernommene - hoch problematische Konzeptionen von Ethnizität, die sich alter Rhetoriken und Stereotypen bedienen. Von gegenseitiger Anerkennung und Respekt ist nur wenig zu spüren. Auch Lehrer argumentieren in Interviews oft in erschreckenden Schwarz-Weiß-Schemata. Gerade die mangelnde Beachtung der Lehrplanziele verdeutlicht, wie fern der Realität die curricularen Ziele sind.
Henning Hues war als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes in einem Projekt am GEI aktiv. Seine Dissertation wurde betreut von Prof. Dr. Eckhardt Fuchs, stellvertretendem Direktor am GEI.