Konstruktionen des türkischen Selbstbilds in Schulbüchern für den herkunftssprachlichen Türkischunterricht
Dieses Projekt analysierte die Konstruktionen nationaler Identität in Schulbüchern für den herkunftssprachlichen Unterricht (HSU) nach Konsulatsmodell und in Landesverantwortung an deutschen Schulen in einem Vergleich der in Deutschland veröffentlichten und für den HSU in Landesverantwortung in drei Bundesländern zugelassenen Schulbücher mit den in Ankara für den weltweiten Gebrauch im HSU entwickelten Bildungsmaterialien. Dafür wurden vier Schulbücher der Schulbuchreihe "Türkce ve Türk Kültürü" des türkischen Ministeriums für Nationale Bildung sowie vier ausgewählte Reihen mit 15 Schulbüchern, erschienen bei zwei in Deutschland ansässigen Schulbuchverlagen (Anadolu Verlag und Önel Verlag) und zugelassen in drei Bundesländern, kapitelweise inhaltsanalytisch aufgearbeitet und im Hinblick auf Manifestationen des türkischen Selbstbildes in den vier Dimensionen Geschichte, Kultur, Religion und Geschlechtervorstellungen verglichen. Forschungsmethode war die kritische Diskursanalyse, mit der kultur- und religionsbezogene Inhalte sowie pädagogische Ansätze der Bildungsmedien und die in ihnen präsentierten geschichtlichen Narrative, Türkeibilder und Islaminterpretationen herausgearbeitet wurden.
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Ergebnisse
Die Schulbücher zeichneten ein idealisiertes Bild der türkischen Kultur sowie eine starke Identifikation mit der religiösen und nationalen Identität bei gleichzeitiger Ermutigung der Schüler zur Anpassung und Integration in die Gesellschaft, in der sie leben. Die Analyse ergab, dass die Schulbücher, insbesondere die 2010 in Ankara veröffentlichten, ein konfliktfreies Geschichtsbild vermittelten. Andererseits dokumentierte sie sich verändernde Diskurse um Selbst- und Fremdbilder in räumlichen (in Deutschland oder der Türkei) oder zeitlichen (von den 1970er Jahren bis heute) Kontexten sowie die dominante Rolle, die die Kultur bei der inhaltlichen Ausgestaltung der in Deutschland entwickelten Schulbücher spielt. Ein Beispiel dafür ist die verringerte Betonung von Alltagsproblemen, wie sie in Schulbüchern, die in den 1990er Jahren in Deutschland veröffentlicht wurden, üblich war, bei stärkerer Betonung von Interaktionen im Alltag. Darüber hinaus finden sich in den neueren Schulbüchern veränderte Darstellungen von Zugehörigkeit, beispielsweise die Identifizierung von Deutschland als erster und der Türkei als zweiter Heimat ("Deutschland ist unsere erste Heimat und die Türkei unsere zweite.") in Pilot 3 des Anadolu Verlags (S. 118–119).
Die Ergebnisse der Schulbuchanalyse wurden im Juli 2018 mit ausgewiesenen Bildungsexpert*innen für den herkunftssprachlichen Unterricht in einem anderthalbtägigen Workshop am GEI diskutiert und anschließend in einem Forschungsbericht veröffentlicht.
Workshop
"Konstruktionen von Identität in Schulbüchern für den herkunftssprachlichen Türkischunterricht", Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, Braunschweig, 3. Juli 2018.